Wie ich zur Rolleiflex SL66 gekommen bin habe ich schon in einem früherem Blogbeitrag berichtet. Sich nur das Auslösegeräusch (es ist so schön) anzuhören, reicht natürlich nicht. Darum wurde es Zeit mit ihr mal ein paar Runden zu drehen.
Um die Kamera besser kennen zu lernen hatte ich mich für eine kleine Studiosession entschieden. Bei klar definierten Lichtverhältnissen sollte ein kleiner Test von Blende und Verschlußzeit erfolgen, in dem Alter ist es nie sicher ob da noch alles richtig läuft. Weiter auf der Agenda standen Handhabung und gewinnen von Routine.
Im Kühlschrank lagen noch 4 Fuji Provia 100F, die zum Einsatz kommen sollten. Mir war klar, Farbdiafilme benötigen eine genaue Belichtung! Das bei dem Fuji-Film noch mehr Herausforderungen lauern hatte ich allerdings nicht erwartet, dazu später.
Erste Gehversuche
Als ersten Versuch entschied ich mich für eine Aufnahme in unserem gerade renoviertem Treppenhaus. Die Lichtverhältnisse sind besonders schön und es interessierte mich, wie sich die SL66 bei Blende 22 und gut 2sec Belichtungszeit schlägt. Die analogtypischen hell-dunkel Verläufe sind richtig schick. Auch in der Tür macht das Licht von Blau ins Gelbe etwas her. Ich bin mir nicht sicher, ob mit einer digitalen Kamera das auch so gelingt.
Jetzt geht es ins Detail
Der zweite Versuch war eine Chinatasse im Studiolicht (Farbtemperatur 5700k). Schön sind die sauberen Blautöne. Das Weiß hat einen leichten Blaustich (vermutlich von Reflektionen). Sehr natürlich und weich. Man sollte nicht außer acht lassen das wir von einem ca. 50 Jahren alten Objektiv sprechen. Umso erstaunlicher das Ergebnis. Auch damals waren die Vergütungen schon sehr gut und lieferten klare Farben.
Eine kleine Serie
Nachdem die richtige Belichtung gefunden wurde, machte ich eine kleine Serie, immer im gleichem Set. Wie sich Kamera/Objektiv bei unterschiedlichen Grundfarben verhält ist schon toll.
Die Frage nach dem Scan
Einige werden sich Fragen wie die Bilder gescannt wurden. Ich mache das mit einer Nikon D850 / Zeiss Makro-Planar 50mm auf einem Leuchttisch. Bei 120er Rollfilm ist das nicht ganz trivial und fordert einiges an Fummelei. Bei Diafilmen bedarf es keiner Konvertierung, allerdings bessere ich die Bilder schon ein wenig mit dem Histogramm nach. Vielleicht schreibe ich später einen Bericht und gebe meine Erfahrungen weiter. Interessant wäre es sicher auch an euren Erfahrungen teilzuhaben.
Der Fuji Provia 100F
Last but not least will ich noch paar Worte über den Fuji Provia 100F verlieren. Als Diafilm verlangt er absolut genaues belichten. Absolut heißt absolut, selten habe ich eine solche Zicke erlebt. Schon 1/2 Blende daneben und das Weiß rauscht ins Gelbe, Schwarz ist plötzlich blau. Klar, sowas muß nicht frustrieren sondern kann auch Ansporn sein. Aber letztendlich ist das alles auch sehr anstrengend und es wäre sehr schön wenn der Provia nicht so empfindlich wäre. Die ganze Zeit ging mir deswegen die Frage durch den Kopf ob die Kodakdiafilme das auch machen?
Mit der Film-Entwicklung gab es am Ende dann noch etwas Ärger. Der Fotohändler meines Vertrauens ließ die Diafilme direkt, mit einem sauberen E6 Verfahren, bei Fujifilm entwickeln. Die Ergebnisse waren immer perfekt und mit einem Preis von 5Euro pro Film akzeptabel. Die Enttäuschung war groß, als er mir mitteilte, dass Fujifilm sein Labor geschlossen hat und sie erstmal keine E6-Diafilme mehr annehmen.
Es mußte eine Alternative her. Da ich schon eine Menge negativer Erfahrung mit Fotolaboren gemacht habe, sendete ich die Filme an MeinFilmLab.
Die Entwicklung war wieder mal absolut perfekt und wurde dem gutem Ruf der Jungs aus dem Hürtgenwald gerecht. Auf der anderen Seite steht aber auch ein sehr stolzer Preis, der mich bei 4 Filmen (zum Testen und rumspielen) die Zähne knirschen ließ. Meiner Frau sage ich in solchen Fällen immer, das das ein Vorteil ist, weil man sich mit der Fotografie völlig neue Möglichkeiten erschließt sein Geld unter die Leute zu bringen. Sie bekommt dann immer diesen gnädigen Blick…..
5 Kommentare
KommentierenLieber Dirk Fietz,
ein interessanter Artikel, der eine aus meiner Sicht wirklich große (in jeder Hinsicht!) behandelt. Ich habe sie selbst über Jahre genutzt und geschätzt, unter anderem auch den eingebauten Balgen, der Nahaufnahmen sehr attraktiv und die Kamera sehr vielseitig gemacht hat. Zwar immer viel zu tragen, die Wanderungen mit 13 kg Ausrüstung sind mir lebhaft in Erinnerung, aber die Ergebnisse haben dann entschädigt. Bin dem Mittelformat treu geblieben (Fuji GFX), es hat sich analog und digital immer gelohnt. Danke also für den Artikel, der leider auch zeigt, dass die analoge Fotografie nicht so leicht aufrecht zu erhalten ist. Freundliche Grüße Ernst Domeyer
Hallo Ernst Domeyer, vielen Dank für den Kommentar. Die (wieder) Entdeckung des Mittelformats macht mir zur Zeit sehr viel Freude. Das große Format produziert einen interessanten Look. Die GFX habe ich einige Zeit getestet und auch im Blog darüber berichtet. Die Kamera ist toll! Mir war der Unterschied zur Nikon D850 allerdings zu gering, wobei letztendlich die Kosten für einen Umstieg auf Fuji die Hauptrolle gespielt haben ?
Guten Abend! Seit mehr als 12 Jahren hüte ich nun schon die Rolleiflex SL66 meines verstorbenen Mannes, es gehört noch allerlei Zubehör dazu. Ich selber habe davon keine Ahnung, für meinen Mann war es sein Augapfel 😉 Heute habe ich sie einer befreundeten Profifotografin geliehen, die was ausprobieren wollte. Sie meinte, das Teil sei schwergängig, sie habe halt zu lange herumgelegen. Ich selber kann damit nichts mehr anfangen, sie ist zu schade, um weiterhin zu verstauben. Nun bin ich auf Ihre Seite gestoßen, hätten Sie an sowas Interesse? Wenn ja, schicke ich gerne weitere Fotos.
Liebe Grüße aus dem Neanderthal!
Gabi Schoek
Hallo Frau Schoek,
es ist sehr nett das Sie an mich gedacht haben. Ich habe ja ein Exemplar im Einsatz, auch wenn Sie mir nicht gehört.
Ich werde ihren Kommentar aber freischalten, vielleicht ergibt sich darüber eine andere Möglichkeit um ein solches Schätzchen am Leben zu lassen.
Liebe Grüße
Dirk
Liebe Gabi Schoek, ich bin zufällig auf diesem Blogartikel gelandet, da ich selbst eine SL66 nutze und diese Kamera liebe. Ein ganz ganz tolles Stück, das aber auch seine Tücken hat, wenn man es nicht ganz exakt im Sinne des Konstrukteurs bedient. Ich würde mich riesig freuen, wenn ich der Kamera Ihres Mannes ein neues, artgerechtes (und fachlich kompetentes) Zuhause bieten dürfte, wo sie auch wieder benutzt würde, sofern der Zustand eine Revision zulässt. Falls Sie die Kamera noch haben und sie in gute Hände abgeben möchten, würde ich mich über eine Mail von Ihnen freuen.