Wie mein Weg zur Rolleiflex 6002 verlief habe ich in einem früheren Bericht beschrieben. Was zeichnet die Kamera aber aus, dazu ein paar Worte:
Mit dem Ziel, die Merkmale einer professionellen Mittelformatkamera mit dem Bedienungskomfort hochwertiger Kleinbildkameras zu verbinden, wurde von Rollei das Rolleiflex 6000er System entwickelt. Ende der 1980er gehörten dazu 2 Kameras. Parallel zur modularen Rolleiflex 6006 gab es die Rolleiflex 6002, der vielleicht einige Features fehlten, aber in Sachen Qualität auf gleicher Höhe mit ihrer größeren Schwester stand.
Beide sind vollautomatische Allroundkameras. Mit integrierter TTL-Belichtungsautomatik, TTL-Blitzlichtmessung, eingebautem Hochleistungsmotor, professioneller Energieversorung und Film-Schnellwechselsystemen. Alle Kamerafunktionen werden über einen speziell entwickelten Prozeßrechner elektronisch gesteuert. Bezeichnend sind die erstmals Mitte der 1980er im Kamerabau verwendeten DirectDrive-Linearmotoren. Sie steuern Verschluß und Blendenmechanismus und ersetzen träge und verschleißanfälligere Federn, Getriebe und Hebel. Elektronische Kompensation des durch den Kamerasucher fallenden Fremdlichts, Fehlbelichtungs- und Grenzwertanzeige per LED. Die Rolleiflex 6002 verfügt über ein sehr schickes FilmSchnelladesystem, verzichtet aber auf die Wechselmagazine der Rolleiflex 6006. Das Objektivprogramm umfasst Linsen von Carl Zeiss und Schneider-Kreuznach sowie den alternativen Rolleigon-Objektiven.
Der Clou: TTL-Belichtungsmessung
2024 ist eine TTL Belichtungsmessung sicher kein Clou mehr. Wir reden aber über eine Kamera aus 1980. Die integrierte TTL-Belichtungsautomatik des Rolleiflex 6002-Systems stellt sich in Bruchteil einer Sekunde auf die jeweiligen Lichtverhältnisse ein. Alle Belichtungsfunktionen werden durch einen Prozeßrechner in Verbindung mit zwei Linearmotoren gesteuert. Die Belichtungsregelung bleibt mit allen Suchern, Einstellscheiben, Nahbereichs-Zubehör und Objektiven voll erhalten. Drei großflächige Si-Fotoelemente hinter dem Rückschwingspiegel übernehmen die mittenbetonte Integralmessung. Die Blendenregelung
erfolgt automatisch nach Vorwahl der Belichtungszeit, der Blendenwert wird zugesteuert und am Objektiv
angezeigt. Das durch den Sucher einfallende Fremdlicht wird während des Auslösens automatisch kompensiert. Die Fehlbelichtungs-und Meßgrenzanzeige erfolgt durch zwei deutlich sichtbare Leuchtdioden im Sucher. Alle Verschlußzeiten von 1/5oo bis 30 Sekunden sind elektronisch gesteuert und blitzsynchronisiert. Die Automatik ist umschaltbar auf manuelle Blendenwahl in DrittelBlendenstufen.
Bei einer 35 Jahre alte Kamera ist nicht auszuschließen, das gealterte Si-Fotoelemente bzw Elektronik keine vernünftigen Belichtungswerte mehr liefern. Um das zu testen machte ich Bildreihen und verglich die Belichtungsergebnisse der Rolleiflex 6002 mit einer Nikon D850. Die Resultate überraschten mich, in über 90% der Fälle lieferte die Rolleiflex 6002 vergleichbare Werte wie die moderne Nikon D850. Zwar waren die Ergebnisse grundsätzlich eine Blendenstufe geringer. Das kann zum einen auf eine Alterung der Komponenten hindeuten, muß es aber nicht. Will man genauso belichten wie die D850, so reicht es aus das ISO RAD um eine Blendenstufe zu reduzieren, sprich statt ISO400 nimmt man ISO200.
Rolleiflex 6002: Ständig Schußbereit
Die Rolleiflex 6002 verfügt über einen automatischen Filmtransport. Nach jeder Auslösung wird der Film automatisch weitertransportiert. Das Einspulen des Films zur ersten Aufnahme und das Aufwickeln des Filmnachspanns nach der letzten Aufnahme erfolgen ebenfalls automatisch. Im Serienbetrieb schafft die Kamera 3 Bilder in 2 Sekunden. Bei Serienauslösung wird die Belichtung zwischen den Aufnahmen automatisch überprüft und korrigiert. Die daraus resultierende Schnelligkeit und Handlichkeit machen die Rolleiflex 6002 zu einer richtig handlichen Kamera.
Das Film-Schnelladesystem der Rolleiflex 6002
Die Kamera besitzt eine feste Rückwand. Für schnellen Filmwechsel sorgen die vorladbaren Filmeinsätze, die nicht einmal ein Umstecken der Fangspule erforderlich machen. Ein neu eingesetzter Film wird nach Betätigung des Auslösers automatisch bis zur Aufnahmeposition vorgespult. Nach der letzten Aufnahme wickelt sich der Nachspann automatisch auf. Mehrere Rückwände stehen zur Verfügung:
- Standard-Rückwand 120er-Rollfilm für 6×6 (12 Aufnahmen)
- Rückwand 220er-Rollfilm für 6 x 6 (24 Aufnahmen)
- Rückwand 120er-Rollfilm für 4,5 x 6 (16 Aufnahmen)
- Rückwand 220er-Rollfilm für 4,5×6 (32 Aufnahmen)
- Polaroid-Rückwand für PolaroidPackfilm 8,3 x 10,8 cm(8 Aufnahmen 6×6)
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Sehr schönes Rollei 6002/6006 Prospekt in deutsch
Übersicht über das Rolleiflex 6000er System mit vielen Hintergrundinformationen
1 Kommentar
KommentierenEs gibt übrigens noch einen Nachfolger der 6000er Rolleiflexe, die Hy6 und jetzt Hy6 Mark 2. Sie ist ein Gemeinschaftswerk von der damaligen DHW Phototechnik, Sinar und Jenoptik. Der grundlegende Konstruktionsplan wurde verändert: Die Kamera steht nicht nicht mehr hochkant wie früher sondern hat eher das Format einer Hasselblad, der Akku ist in den Griff gewandert, wo er immer gut gewärmt wird, und die Steuerelemente wurden völlig neu konstruiert. Es gibt einen Autofokus mit einem Messpunkt, der natürlich nur mit den passenden Objektiven von Schneider-Kreuznach funktioniert und abgeschaltet werden kann. Man kann die alten Rollei PQ und PQS Objektive der 6000er Rolleiflexe an ihr verwenden (natürlich mit manueller Fokussierung), aber nicht die Hy6- Objektive an den 6000er Rolleiflexen, da sie keinen Blendenring haben. DW-Phototechnik in Braunschweig hat sie jüngst noch in Kleinstserien montiert. Ob sie es gegenwärtig noch tun, weiß ich nicht. Es gab digitale Rückwände für die Sinar-Version und Filmrückwände für die DW-Version. Eine großartige Kamera, die von der Zeit leider überholt wurde